Die Corona-Krise hat uns alle in den Ausnahmezustand versetzt. Dabei sind die Herausforderungen individuell unterschiedlich. Während die einen im Homeoffice arbeiten und „nebenher“ Kinder betreuen müssen, fühlen sich andere von der Außenwelt abgeschnitten und mit ihren Sorgen und Ängsten allein gelassen. Wieder andere schieben Sonderschichten und stoßen dabei an Belastungsgrenzen. Die Gefahr ist groß, dass die Zahl der psychischen Erkrankungen rasant wachsen wird. Als Führungskraft können Sie einiges dafür tun, dass Ihre Mitarbeiter*innen die nächsten Wochen gut überstehen und nach Lockerung der Beschränkungen gesund an ihren Arbeitsplatz zurückkehren.
Inhaltsübersicht
1. Die/den Einzelnen in den Blick nehmen
2. Mit Kommunikation für Orientierung sorgen
3. Durch Vertrauen Stress reduzieren
4. Für sozialen Austausch sorgen
5. Dir Krise (auch) als Chance nutzen
Fünf Tipps, wie Führungskräfte ihre Mitarbeiter*innen jetzt stärken können
Angst vor Ansteckung und den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie, der Wegfall gewohnter Routinen, Einschränkungen der sozialen Kontakte und zusätzliche Herausforderungen durch Homeschooling oder die Versorgung von Angehörigen belasten Führungskräfte und Beschäftigte gerade massiv. Eine aktuelle Studie von Medizinern des Londonder King’s College zeigt, dass die aktuellen Beschränkungen zu stressbedingten Erkrankungen führen können. Wird nicht rechtzeitig gegengesteuert, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Depressionen, Angst- und posttraumatische Belastungsstörungen in den nächsten Wochen und Monaten drastisch zunehmen und noch lange nachwirken. Unternehmen und Führungskräfte sind daher gefordert, nicht nur Arbeitsabläufe umzustellen, sondern Belastungen gezielt aufzufangen, um psychischen Erkrankungen vorzubeugen.
1. Die/den Einzelnen in den Blick nehmen
Individuelle Arbeits- und Lebenssituationen und Aufgaben führen zu unterschiedlichen Belastungen. Wer im Homeoffice Arbeit und Kinderbetreuung unter einen Hut bringen muss, hat andere Sorgen und Nöte als ein(e) Mitarbeiter*in, die plötzlich alleine zu Hause sitzt und sich von der Außenwelt abgeschnitten fühlt. Aber nicht nur äußere Umstände und Rahmenbedingungen weichen ab – Menschen unterscheiden sich auch in ihrer Persönlichkeit und ihren Lebensmotiven. Ein Individualist, der ohnehin am liebsten „sein Ding macht“, wird sich mit der aktuellen Situation eher leichttun. Gleiches gilt für Menschen, die Veränderungen lieben und in Krisen regelrecht aufblühen. Wer dagegen feste Abläufe und Strukturen liebt, wird die momentane Situation und Unsicherheit als stressig erleben. Wahrscheinlich kennen Sie Ihre Mitarbeitenden und wissen auch ganz gut über deren private Lebenssituation Bescheid. So können Sie auf die besonderen Bedürfnisse individuell eingehen. Wenn nicht: Fragen Sie nach! Erkundigen Sie sich, wie es jeder und jedem Einzelnen mit der aktuellen Situation geht und stellen Sie sich – soweit möglich auf die persönlichen Bedürfnisse ein. Wer braucht jetzt mehr Ansprache, Vorgaben und/oder Feedback? Wer kommt gut klar mit mehr Freiräumen und Flexibilität? Sehr wahrscheinlich können Sie viele Probleme, die an Sie herangetragen werden, erst einmal nicht lösen. Es hilft aber schon, wenn Sie sich interessieren, wenn Sie zuhören und versuchen, die persönliche Situation der Betroffenen zu verstehen.
Wenn Sie feststellen, dass bei einzelnen Beschäftigten Sorgen und Ängste übermächtig werden, die Arbeit von zu Hause oder die Kombination mit familiären Verpflichtungen zu einer Überforderung führen, holen Sie professionelle Unterstützung ins Boot. Coaches und Therapeuten können gemeinsam mit den Betroffenen Strategien entwickeln, wie sie mit Belastungen konstruktiv umgehen und die eigene Resilienz stärken können.
2. Mit Kommunikation für Orientierung sorgen
Räumliche Distanz führt zunächst einmal zu emotionaler Distanz. Diese kann nur durch Kommunikation überbrückt werden. Führungskräfte sollten sich daher gerade jetzt Zeit für regelmäßige Einzelgespräche nehmen. Schauen Sie was besser für Sie und Ihr Team passt: Videokonferenzen oder Telefonate? Im Homeoffice sind Transparenz und klare Absprachen besonders wichtig. Wann und wie ist jede(r) Einzelne erreichbar? Wer erledigt welche Aufgaben? Welche Fristen gelten? Auch hier gilt: die Bedürfnisse sind individuell verschieden. Mitarbeitende, die erstmals von zu Hause arbeiten oder die noch nicht lange im Unternehmen sind, brauchen im Zweifel mehr Ansprache und detailliertere Vorgaben als „alte Hasen“.
Menschen gehen meist unbewusst davon aus, dass andere so ticken wie sie selbst. Viele Führungskräfte führen ihr Team daher intuitiv so, wie sie es sich selbst in der konkreten Situation von ihrer Führungskraft wünschen würden. Die Persönlichkeiten sind aber sehr unterschiedlich. Für unsichere Menschen ist regelmäßiges Feedback viel wichtiger als für selbstbewusste Mitarbeiter*innen. Auch sehr beziehungsorientierte oder extrovertierte Mitarbeiter*innen brauchen mehr Rückmeldung als diejenigen, die am liebsten in Ruhe für sich arbeiten. Wer gerne die Richtung vorgibt, kommt mit weniger Vorgaben und Anleitung aus als ein Mensch, der sich selbst als Unterstützer sieht und gerne anderen die Verantwortung überlässt. Umgekehrt ist beim „Bestimmer“ die Gefahr von Alleingängen größer. Stellen Sie sich also gerade in puncto Kommunikation auf ihre Mitarbeitenden ein. Wenn Sie unsicher sind, was der oder die Einzelne braucht: Fragen Sie nach und nutzen Sie die Krise, um ihr Team (noch) besser kennenzulernen!
3. Durch Vertrauen Stress reduzieren
Auch Vertrauen ist unerlässlich, wenn Teams an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten arbeiten. Unter den derzeitigen erschwerten Bedingungen gilt dies in besonderer Weise. Mitarbeitende, die tagsüber neben der Arbeit Kinder zu Hause betreuen müssen, sind extrem belastet. Trotzdem haben sie unter Umständen das Gefühl, weder der Arbeit noch den Kindern gerecht zu werden. Überlastung und ein schlechtes Gewissen befeuern sich gegenseitig auf ungute Weise. Sprechen Sie die Situation daher offen an und treffen Sie klare Absprachen in Bezug auf Arbeitszeit, Erreichbarkeit und Fristen. Zeigen Sie (ehrliches) Verständnis für die schwierige Situation und finden Sie gemeinsam kreative und flexible Lösungen. Ermöglichen Sie den Betroffenen z. B. außerhalb der Kernarbeitszeit zu arbeiten oder die Teilnahme an (virtuellen) Meetings auf ein Mindestmaß zu beschränken.
Machen Sie deutlich, dass Ihnen die psychische Gesundheit der oder des Einzelnen wichtiger ist als Funktionieren nach Plan und um jeden Preis. Lassen Sie im Zweifel „Fünfe gerade“ sein, um Überforderung zu vermeiden. Denken Sie daran, dass auch wieder andere Zeiten kommen werden. Beschäftigte, die sich in der momentanen Ausnahmesituation fair behandelt und unterstützt fühlen, werden Ihnen dies später mit Motivation, Einsatz und Wertschätzung danken.
4. Für sozialen Austausch sorgen
Gerade bei Menschen, die alleine leben, kann der Wegfall von Routinen und Kontakten am Arbeitsplatz zu Frustration und dem Gefühl sozialer Isolation führen. Sorgen und Ängste, die nicht geteilt werden, können übermächtig werden und sich zu Depressionen, Angst- oder posttraumatische Belastungsstörungen auswachsen. Steuern Sie als Führungskraft gegen, indem Sie Gelegenheiten für informelle Kontakte unter Kolleg*innen schaffen. Telefonische oder virtuelle Kaffeerunden oder ein gemeinsamer Tages- oder Wochenausklang lassen sich einfach organisieren. Der Austausch mit anderen in der gleichen Situation entlastet und reduziert nachweislich Stresssymptome. Achten Sie jedoch darauf, entsprechende Angebote nicht als Pflichtveranstaltungen zu konzipieren. Andernfalls wächst der Druck auf diejenigen, die sozial gerade stark eingebunden und gefordert sind.
Vielleicht führen Sie auch ein virtuelles „schwarzes Brett“ ein, über das sich die Mitarbeitenden gegenseitig über Freizeitaktivitäten oder Möglichkeiten für ehrenamtliches Engagement informieren können. Gerade jetzt haben viele Menschen besonderen Unterstützungsbedarf – von der Hilfe beim Einkaufen über Gassi-Gänge mit dem Hund hin zum telefonischen Zuspruch. Und auch die Helfer profitieren, indem sie dem Gefühl der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins etwas entgegensetzen und so ihre psychische Widerstandskraft („Resilienz“) stärken.
5. Die Krise (auch) als Chance nutzen
Zu guter Letzt: Sehen Sie die aktuelle Situation auch als Chance, sich in Sachen Digitalisierung und Flexibilisierung weiterzuentwickeln und bieten Sie Ihren Mitarbeiter*innen so neue Perspektiven über die Krise hinaus. Flexible Arbeits(zeit)modelle machen Arbeitgeber attraktiv. Dies gilt nicht nur für die Generation Y und Z, sondern auch für diejenigen, die jetzt die Vorteile des Homeoffice neu für sich entdecken. Die erkennen, dass ihre Arbeit sich – zumindest an einigen Tagen pro Woche – gut von zu Hause aus erledigen lässt und ihnen dies einen Zugewinn an Lebensqualität bringt.
Auch für Unternehmen sprechen gute Gründe gegen eine Rückkehr zur reinen „Präsenzkultur“: Höhere Zufriedenheit bei Mitarbeitenden, Kostenersparnis, Klimaschutz… Schauen Sie also, was in Ihrem Unternehmen in Sachen Homeoffice und Flexibilisierung für Sie und Ihre Mitarbeitenden passt, was schon jetzt gut funktioniert und wo noch Handlungs- und Verbesserungsbedarf besteht. Nutzen Sie die aktuellen Erfahrungen und erhöhen Sie so nachhaltig ihre Wettbewerbsfähigkeit. Binden sie Ihre Mitarbeitenden in den Prozess ein. Nehmen Sie Erfahrungen und Wünsche ernst. Dies führt nicht nur zu besseren Ergebnissen, sondern stärkt Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit jeder und jedes Einzelnen.
Holen Sie professionelle Unterstützung ins Boot!
Sie möchten Ihre Beschäftigten in der aktuellen Situation bestmöglich unterstützen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorbeugen? Wenn Sie dabei an Grenzen stoßen, zögern Sie nicht, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen – sei es, weil einzelne Mitarbeitende die Umstellung auf die Arbeit von zu Hause aus übermäßig fordert, sei es, weil Sie erste Anzeichen von Depression oder Überforderung wahrnehmen. Als systemischer Coach mit Erlaubnis zur Psychotherapie und als Trainerin für Stressmanagement und Achtsamkeit helfe ich Führungskräften und Mitarbeitenden, individuelle Belastungen und Bedürfnisse wahrzunehmen und gezielt gegenzusteuern. Im Coaching können Sorgen und Ängste ausgesprochen, gewürdigt und eingeordnet werden. Eigene Gestaltungs- und Handlungsmöglichkeiten werden reflektiert und Strategien entwickelt, wie die individuellen Herausforderungen gut gemeistert werden können.
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